82
tors auszuführen hatte; und die Consuln legten ihr Amt für die
Zeit der Dietatur nieder. Diese sollte gesetzlich nicht länger als
sechs Monate dauern; einmal, damit nicht diese unumschränkte
Gewalt in eine vollständige Alleinherrschaft ausarte, dann aber
auch wohl aus Rücksicht für die Consuln selbst, die ja ihr Amt
für ein ganzes Jahr erhalten hatten, durch die Ernennung
eines Diktators aber für eine gewisse Zeit gleichsam abgesctzt wur-
den. In der Regel jedoch legte der Diktator noch vor Ablauf
dieser Zeit sein Amt nieder, und zwar immer, wenn das erfüllt
war, weswegen man ihn gewählt hatte. Sofort traten dann
die Consuln wieder ihr Amt an. Bei jeder drohenden Gefahr
des Staates, wenn schleunige Entschließung und Ausführung
nöthig war, wurde ein Diktator erwählt, in der Regel aus den
Consularen; und vierundzwanzig Lictoren mit ihren Fasces ver-
sinnlichten äußerlich seine furchtbare Machtfülle Schrecken ging
durch das Volk, das nun auch seines letzten Schutzmittels, der
Provokation, beraubt war, und es wagte nicht, sich den Anord-
nungen des Diktators zu widersetzen. Zweimal nach einander
zog es aus und bekämpfte siegreich die Feinde, welche Tarqui-
nius gegen Rom in Bewegung gesetzt hatte.
Die Patricier, wenigstens die Mehrzahl derselben, hatten
noch immer einige Schonung gegen die Gemeinde bewiesen, so
lange sie fürchteten, diese mögte den Tarquinius zurückberufen.
Als aber der Tod desselben sie von dieser Furcht befreiet hatte,
da verdoppelten sie ihre Bedrückungen, und die furchtbaren Rechte
der Gläubiger gegen ihre Schuldner kamen zur vollen Ausfüh-
rung. Den Patriciern gegenüber nahm die Gemeinde eine immer
drohendere Stellung an. Appius Claudius war zum Consul
erwählt worden, neben ihm aber der sanfte Servilius, damit bei
der Verwaltung Milde mit Strenge sich paare. Letzterer trug
im Senate darauf an, den Schuldnern Erleichterung zu gewäh-
2) Creato dictatore — magnus plebem metus incessit, ut inten-
tiores essent ad dicto parendum, biv. Ii. 18. — Vvn dem mächtigen
gegen die Plebejer gewählten Dictator muß man den Dictator unter-
scheiden, der zuweilen ernannt wurde, um einen Jahresnagel in die
Cellenwand des Jupitertempels auf dem Capitol einzuschlagen, weil eine
alte Sage ging, daß durch das Einschlagen eines solchen Nagels einst
einer Pest oder einem Aufruhr das Ziel gesetzt worden sei.
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85
heimkehren. Der Senat fürchtete vor ihrer Rückkehr, und unter
dem Vorwände, die Sabiner machten neue Kriegesrüstungen,
wurden sie noch unter Waffen gehalten. Allein das Volk durch-
fchauete bald diese Arglist; und jetzt, nachdem es bei aller Hin-
gebung in seinen gerechtesten Erwartungen wieder und wieder
auf das grausamste war getäuscht worden, nahm es zu einem
verzweifelten Mittel seine Zuflucht. Mit den Waffen in der
Hand, seine Feldzeichen an der Spitze, brach es unter Anführung
des aus seiner Mitte gewählten Plebejers Sicinius Bellu-
tus auf, und lagerte sich auf einem anderthalb Stunden von
Rom, am Einflüsse des Anio in die Tiber gelegenen Berge,
welcher später der „heilige Berg" genannt wurde. Von hieraus
schauete es trotzig hinunter auf die verhaßte Tyrannenstadt.
Diese unerwartete Unternehmung belehrte den Senat, wie
sehr er sich durch seine Härte und Ungerechtigkeit geschadet hatte.
Das Volk strömte in ganzen Massen aus Rom nach dem heili-
gen Berge; die Wachen an den Thoren waren nicht im Stande,
dasselbe aufzuhalten. Durch Tumult in: Innern und Krieg von
Außen geänstigt, entschloß sich der Senat jetzt endlich zur Nach-
giebigkeit. Er schickte eine Gesandtschaft, und an der Spitze der-
selben M e n e n i u s A g r i p p a, den Liebling des Volkes, in das
Lager der Ausgewanderten, sie freundlich zur Rückkehr einzula-
den. Dieser führte das Wort und belehrte das Volk über die
bösen Folgen der Zwietracht durch eine Fabel. „Einst, — sprach
er - empörten sich die Glieder des Körpers wider den Magen.
Sie wollten es nicht länger dulden, daß dieser allein in behag-
licher Ruhe in der Mitte sitze und sich von den andern füttern
und tragen lasse. Sie versagten ihm also ihren Dienst. Die
Hände wollten keine Speisen mehr an den Mund bringen, der
Mund sie nicht aufnehmen, die Zähne sie nicht zermalmen.
Diesen Vorsatz führten die Glieder eine Zeitlang aus. Aber bald
merkten sie, daß sie sich selbst dadurch schadeten. Sie fühlten
nämlich, daß es der Magen sei, der die Säfte der empfangenen
Speisen durch alle Glieder vertheile und dadurch ihnen allen
Kraft und Munterkeit gebe. Sie ließen daher von ihrem Vor-
haben ab und söhnten sich wieder mit dem Magen aus." Das
Volk begriff bald den Sinn dieser Worte und sah ein, daß seine
Empöruug und seine Trennung dieselbe Schwäche und Hinfällig-
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136
Heuer, welche hölzerne Thürme mit Kriegern auf ihrem Rücken
trugen in die Reihen der Römer ein und verbreiteten Schrecken
und Verwirrung. Noch nie hatten diese solchen Ungeheuern ge-
genüber gestanden. Selbst die Pferde wurden scheu und warfen
ihre Reiter ab. Was sich nicht durch die Flucht rettete, wurde
von den Elephanten zertreten oder von den Soldaten aus den
Thürmen niedergeschossen. Blutig war die Niederlage der Rö-
mer 2). Jedoch hatte auch Pyrrhus diesen Sieg theuer erkaufen
müssen. Er selbst war in höchster Lebensgefahr gewesen; seine
besten Führer und Soldaten waren gefallen. Als er am folgen-
den Tage das Schlachtfeld, den Zeugen der römischen Tapfer-
keit, besuchte, äußerte er voll Bewunderung: „O, wie leicht
wäre es, die ganze Welt zu erobern, wenn die Römer meine
Soldaten, oder ich ihr König wäre3)!"
Nach diesem Siege fielen ihm die Sammler, Lucaner,
Apuler und Bruttier zu, und mit ihnen vereint drang er vor
bis nach Präneste, das nur sieben Meilen von Rom selbst ent-
fernt ist. Von hieraus schickte er seinen Freund, den großen
griechischen Redner Eineas, der, wie Pyrrhus behauptete, mehr
Städte mit seiner Zunge, als er selbst mit dem Schwerte ero-
bert hatte, mit Friedensanträgen nach Rom, hoffend, daß die
Römer, nach ihrer großen Niederlage und bei der Nähe der neuen
Gefahr, jetzt gewiß zum Frieden ganz geneigt sein würden. Die
Bedingungen desselben waren: es sollte in den Frieden mit
Pyrrhus auch Tarent mit ausgenommen, allen Griechen in
Italien Unabhängigkeit eingeräumt, deu vier mit Tarent ver-
bundenen Völkern alles, was ihnen die Römer entrissen, zurück-
gegeben werden. Allein es war Grundsatz der Römer, nie nach
Niederlagen, sondern nur uach Siegen Frieden zu schließen.
Vergebens bot der große Schüler des Demosthenes die ganze
sieggewohnte Kraft seiner Beredsamkeit auf, um die Absicht seines
Herrn zu erreichen; hier aber scheiterte seine Kunst an der Rede
des blinden, greisen Appius Claudius, der, schon längst
nicht mehr gewohnt, in der Versammlung zu erscheinen, dieses
2) V. Laevinus parum prospere adversus Pyrrhum pugnavit, ele-
phantorum maxiine inusitata facie territis militibus. Liv. epit. I. 13.
3) 0 quam facile erat, orbis terrarum Imperium occupare, aut
mihi Romanis militibus, aut me rege. Flor, I. 18.
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Extrahierte Personennamen: Claudius
Extrahierte Ortsnamen: Rom Schwerte Rom Tarent Italien Tarent
104
gewählt und so auch durch den Stand der Gewählten die neuere
Würde mit einem größern Glanze umgeben. Ihr Amt dauerte
anfangs fünf Jahre, von einem Lustrum bis zum andern; später
aber, seit 434, achtzehn Monate.
§• 24. Sp. Mlälins. — Eroberung von Idfjt durch Eamillus.
Kaum hatte dieser Sturm ausgetobt, als in Rom eine große
Hungersnoth ausbrach (440), die neue Bewegungen veranlagte.
Vergebens trat der Senat helfend ein, vergebens errichtete er
ein besonderes Verpflegungsamt (praeleetma annonae) und über-
trug dasselbe dem L. Minucius; sie erreichte eine solche Höhe,
daß ungeachtet aller Vorkehrungen viele arme Hausväter bis
zum Selbstmorde verzweifelten. Da erbarmte sich der reiche
plebejische Ritter Spurius Mälius der hungernden Menge. Mit
Aufbietung seines ganzen Vermögens kaufte er in Etrurien ei-
nen großen Vorrath Getreide ein und vertheilte diesen den ganz
Armen umsonst, den Dürftigen zu einem niedrigen Preise. Da-
durch ward er so recht der Mann des Volkes, das nunmehr ihn
als seinen Wohlthäter und Schutzherrn fast vergötterte. Ob bei
jener Wohlthätigkeit des Mälius ehrsüchtige Absichten im Hinter-
gründe lagen, ob der etwas eitle Mann nach der höchsten ihm
bisher verschlossenen Ehrenftelle lüstern war, ist ungewiß; aber
die Patricier hegten diesen Verdacht und beschlossen jetzt, die
Plebejer in ihrem Gelüsten nach dem Consulat und Kriegestri-
bunat durch Schrecken zu lähmen. Auf eine von Minucius ge-
machte Anzeige, daß im Hause des Mälius geheime Versamm-
lungen gehalten, und Waffen dahin zusammengebracht würden,
ernannte der Senat sofort, unter dem Scheine hochverrätherischer
Umtriebe, den achtzigjährigen Greis Q. Cincinnatus zum Dik-
tator und besetzte während der Nacht das Capitol und die festen
Plätze der Stadt. Am andern Morgen erschien der Diktator
mit seinem Magister Equitum, Servius, Ahäla im kriegerischen
Gepränge auf dem Markte. Neugierig strömte von allen Seiten
das Volk herbei, um die Ursache dieses Auftrittes zu erfahren.
Auch Sp. Mälius befand sich unter demselben. Ans diesen ging
Ahala los und forderte ihn auf, sofort vor den Richterftuhl des
Diktators zu treten, um sich wegen der von Minucius gegen
ihn erhobenen Anklage zu rechtfertigen. Mit lautem Hülfsge-
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Extrahierte Personennamen: Mlälins L._Minucius Ritter_Spurius_Mälius Minucius Servius Mälius
155
gerieben (225). Mit diesem glänzenden Siege wicb in Rom
die Furcht der zuversichtlichen Hoffnung: es werde gelingen,
die nordischen Fremdlinge ganz aus der Po--Ebene zu verdrän-
gen. Schon im nächsten Jahre 224 wurden die Bojer unter-
worfen ; und die Römer gingen nun auf die Jnsubrer los. Der
Cónsul C. Flaminius schlug sie an der Ad ua; einen noch glän-
zenderen Sieg erfocht M. Claudius Marcellus bei C l a st i -
d ium, wo er selbst den feindlichen Anführer Viridomar erlegte,
und die spolia opima gewann. Nachdem Stamm auf Stamm ge-
schlagen und zuletzt auch Mailand, die Hauptstadt der Jnsubrer,
gefallen war, erfolgte eine völlige Unterwerfung. Überlegung
und Besonnenheit hatte über den ungestüinen planlosen Muth
und die rohe Kraft den Sieg davongetragen. Um den Besitz
des eroberten Landes zu sichern, wurden in demselben die Kolo-
nien Placentia und Cremona angelegt (210). Jedoch blieb gäh-
render Mißmuth, der nur auf eine günstige Gelegenheit wartete,
die drückende Unterthänigkeit abzuwerfen.
In demselben Jahre 210 brach ein neuer Krieg mit Jllp-
rien aus. Derselbe Demetrius von Pharus, welcher früher an
seiner Königin zum Verräther geworden war, wurde jetzt zum
Verräther an den Römern selbst. Unzufrieden mit der geringen
Gebietserweiterung, die er für seine Verrätherei erhalten hatte,
benutzte er die Gelegenheit, wo die Römer in den gallischen Krieg
verwickelt waren, um ganz Jllprien gegen sie in Aufstand zu
bringen. Allein er wurde durch den Cónsul L. Ämilius Paulus
besiegt, aus dem Lande getrieben, und ganz Jllprien unter-
worfen.
Der zweite punische Krieg. 218—201 ').
§. 37. Veranlassung zum Kriege.
Mit Recht nennt Livius diesen Krieg den größten und
merkwürdigsten, der bis dahin geführt worden war. Er wurde
x) Vgl. L. v. Vincke, der zweite punische Krieg und der Krieges-
plan der Karthager. Berlin 1841.
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160
37 Elephanten von Karthagena auf und überschritt den Ebro.
In kurzer Zeit, aber nur nach einem äußerst blutigen Kampfe,
unterwarf er sich das ganze zwischen diesem Flusse und dem
Pyrenäengebirge gelegene Land und ließ zur Deckung desselben
den Unterfeldherrn Hanno mit 11,000 Mann zurück. Er selbst
überstieg mit 50,000 Fußgängern und 9000 Reitern die Pyre-
näen und durchzog rasch das südliche Frankreich, über Ruscino,
das heutige Russillon, Narbonne, Nismes (Nemausus). Gegen
das Ende des Septembers kam er an die Rhone, über die er
zwischen Orange und Avignon setzte. Hier kam es zu einem
blutigen Vorpostengefechte. Der römische Cónsul Scipio, wel-
cher auf seiner Fahrt nach Spanien zu derselben Zeit bei Mar-
seille landete, und erst hier Kunde von dem Übergange seines
Gegners über die Pyrenäen erhielt, war entschlossen, ihm hier
den Weg zu verlegen und schickte eine Abtheilung Reiter aus,
Erkundigung einzuziehen. Zu demselben Zwecke hatte auch Han-
nibal eine Reiterschar abwärts geschickt, die bald mit der römi-
schen in einem zwar kleinen aber blutigen Gefechte zusammentraf,
wie zum Vorspiel der großen Kämpfe, die bald folgen sollten.
Dem römischen Cónsul wich er listig aus. Er wandte sich nörd-
lich längs der Rhone, ging dann über die Jsere (Zsara), welche
in die Rhone fließt und langte, gestärkt durch die Bündnisse gal-
lischer Fürsten, in der letzten Hälfte des Oktobers an dem Fuße
der Alpen an. Hier aber schien die Natur der Gegend seinem
Siegeszuge eine Grenze setzen zu wollen.
Zn der Mitte zwischen Italien und Gallien ragt in furcht-
barer Höhe das Alpengebirge, gleichsam als eine feste unüber-
steigbare Mauer zwischen beiden Ländern aufgethürmt. Rings-
umher starret alles von Eis und Schnee, zackige Felsenspitzen ra-
gen bis in die Wolken hin. Hier war nicht Stadt nicht Dorf;
kein gebahnter Weg führte über das entsetzliche Gebirge. Nur
wilde Thiere schweiften umher und halbwerwilderte Menschen,
die, erstarrt von Kälte, in elenden Hütten oder in Felsenschluch-
ten ihr trauriges Leben zubrachten. Hierüber sollte nun zum
erstenmal ein ganzes Heer setzen, Menschen, Pferde, Elephanten,
Wagen und Gepäck, und das gerade in der rauhen Herbstzeit,
wo Alles um so schrecklicher war, zumal für die Karthager, die
aus dem heißen Afrika kamen. Betroffen stand das Heer vor
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Karthagena Hanno Cónsul_Scipio Scipio
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Nismes Avignon Spanien Italien Gallien Afrika
119
theilen zu müssen, schien ihnen dem Verluste derselben gleich zu
kommen. Lieber gar keine Kinder groß ziehen, sagten sie, als
solche, welche einst Andere im Besitz ihrer Würden sehen müßten.
Je mehr Jene verlangten, desto entschiedener war der Wider-
stand, den sie ihnen entgegensetzten. Die Plebejer aber wurden
von ihren Führern ermahnt, nicht nachzulassen: fortgesetzte An-
strengungen würden sie an das Ziel bringen, wo sie den Patri-
ciern wie an Verdienst, so an Ehre gleichstehen würden '). Die-
ses Ziel aber sei das Consulat; denn erst an dem Tage, an
welchem die Plebejer zu diesem gelangten, würde ihnen Alles
zufallen, was die Patricier auszeichne; — groß als Besitz für
sie, herrlicher als Erbe für ihre Kinder. Um das Consulat
entbrannte denn auch der Streit am heftigsten; die Patricier
wandten Alles auf, sich den alleinigen Besitz desselben zu erhal-
ten. Doch wußten sie für ihr Weigerung keinen anderen Grund
anzugeben, als daß ein plebejischer Consul au der Spitze Roms
etwas Unerhörtes sei, und daß ein solcher keine Auspicien würde
halten dürfen. Und warum, fragten die Tribunen, könnte nicht
auch etwas Neues eingeführt werden? Ist es im römischen
Staate noch nie geschehen, wenn es nützlich befunden wurde?-)
Der aus Religion hervorgenommene Grund entrüstete die Ple-
bejer vollends, weil sie sich dadurch als ein den Göttern miß-
fälliges Geschlecht bezeichnet sahen I. Doch verließen sie den
friedlichen Weg, den sie eingeschlagen hatten, nicht; sie konnten
sich rühmen, daß ihre Mäßigung den Ausbruch eines Waffen-
kampfes verhindert habe. Sie gelangten an's Ziel, ohne daß
die Verfassung verletzt, und die Ehrfurcht vor den Gesetzen er-
schüttert war; kein vergossenes Bürgerblut, kein revolutionärer
Frevel befleckte ihren Sieg. Roms Zwietracht hatte seine Feinde
ermuthigt und gestärkt; aus der Eintracht in seinem Innern giu-
i) Conando agendoque jam eo gradum fecisse plebejos, unde si
pono adnilantur, pervenire ad summa el patribus aequari tam honore
quam virtute possent. Liv. Vi. 35
'*) Nullane res nova institui debet? et quod nondum est factum
(multa enim nondum sunt facta in novo populo) ea, ne si utilia qui-
dem sint, fieri oportet? Ib. Iv. 4.
a) Plebes ad id maxime indignatione exarsit, quod auspicari, lan-
quam invisi diis immortalibus, negarentur posse. Ib. Iv. 6.
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TM Hauptwörter (200): [T162: [Jahr Rom Senat Plebejer Volk Gracchus Cicero Gesetz Konsul Marius], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Nabe. Seit jener Vernichtungsschlacht blieb Latium von ihren
Einfällen verschont. Im Jahre darauf, 347, schlossen die Römer
einen neuen Handels- und Schutzvertrag mit Karthago ab. Die
damalige Verheerung der Küsten Latiums durch griechische See-
räuber war wohl eine der Hauptveranlassungen zur Erueueruug
des Vertrages.
§• 29. Erster Krieg mit den Sammlern. 343 — 341.
Nachdem die Römer die kleinen benachbarten Völkerschaften
unterworfen und alle Angriffe der Gallier glücklich abgewehrt
hatten, geriethen sie in Krieg mit den Samnitern. Diese, ein
höchst krigerisches und zahlreiches Volk, bewohnten die gebirgig-
sten Theile Unteritaliens, die heutige Provinz Abruzzo. Der
Krieg mit diesen kühnen Bergvölkern führte daher für die Rö-
mer viele und oft sehr gefährliche Kämpfe herbei. Fünfzig Jahre
hindurch, von 343 bis 290, stritten die Samniter für ihre Frei-
heit. Denn obgleich der Krieg durch Friedensschlüsse auf län-
gere Zeit unterbrochen wurde, so ward doch nicht eher völlige
Ruhe, als bis die Römer, die von nun an kein unabhängiges
Volk mehr neben sich dulden konnten, ganz Campanien sich un-
terworfen hatte. Zugleich brachte sie dieser Krieg nach und nach
in Verbindung mit allen Völkern Unteritaliens und bahnte ih-
nen den Weg zur Ausbreitung ihrer Macht und Herrschaft
über das ganze gesegnete Land. Die Veranlassung zu dem
Kriege mit den Samnitern war folgende: Die Sidiciner,
ein kleines ausonisches Volk, wurden von den Samnitern an-
gegriffen. Unfähig, dieser Macht zu widerstehen, suchten und
fanden sie Hülfe in Capua, der Hauptstadt der Campaner. Die
Capuaner aber wurden zweimal nach einander geschlagen und
schickten nun in eigener Bedrängniß schleunigst Gesandte nach
Rom, um Hülfe zu bitten. So willkommen auch dieser Antrag
hier war, so nahm doch der Senat billigen Anstand, den mit
den Samnitern bestehenden Freundschaftsvertrag zu brechen. Da
übergaben die Gesandten, vermöge ihrer Vollmacht, ihr ganzes
Land den Römern zum vollen Eigenthum. Die Schenkung ei-
ner so schönen Provinz, wie Campanien, war zu wichtig, als
daß die Römer sie nicht gern hätten annehmen sollen. Auch
hatten sie nun an Campanien nicht mehr ein fremdes Land,
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Erklärung, ob er die Eroberung wieder herausgeben wolle oder
nicht. Und als der König durch Ausflüchte auszuweichen suchte,
zog der Gesandte um ihn einen Kreis mit den Worten: „Bevor
du aus diesem Kreise trittst, mußt du dich entscheiden!" Darüber
erschrak der König so sehr, daß er auf der Stelle nachgab.
Nach dessen Tode hielten die Römer den eigentlichen Thronerben
Demetrius als Geißel zu Rom zurück, und setzten den neunjäh-
rigen Antiochus V. ein, um die Vormundschaft über den Unmün-
digen führen zu können; aber Demetrius entfloh aus Rom und
bemächtigte sich seines Thrones. Ägypten theilten sie unter die
beiden Brüder Philometor und Physkon, um das Reich durch
Zerstückelung zu schwächen.
Durch jene Siege, welche die Herrschaft der Römer im
Osten ausbreiteten, war eine außerordentliche Beute in den rö-
mischen Staatsschatz zusammengeflossen. Insbesondere hatte Ämi-
lius Paulus in seinem prunkvollen Triumphzuge eine so große
Masse des geprägten und ungeprägten Goldes und Silbers, der
Edelsteine und anderer Kostbarkeiten mit aufgeführt, daß von
nun an, zum Nachtheile der Sitten, des Ackerbaues und des
häuslichen Glückes, alle Steuern für römische Bürger in Italien
hundertvierundzwanzig Jahre hindurch aufhörten.
Der dritte punische Krieg. 149—146
§. 45. Karthago's Untergang. 146.
Jetzt schien endlich auch die passende Zeit gekommen zu
sein, den letzten Schlag gegen das verhaßte Karthago auszufüh-
ren. Während des fünfzigjährigen Friedens hatte dieses durch
seinen noch immer nicht unbedeutenden Seehandel und durch den
Verkehr mit dem Innern Afrika's allmälig sich wieder erholt
und- war zu einem Wohlstände gelangt, der die neidischen Blicke
der Römer bald wieder auf sich zog. Es beunruhigte sie, diese
alte Nebenbuhlerin zu einer neuen gefährlichen Macht aufblühen
zu sehen, und schon ließen im Senate Stimmen sich vernehmen,
die, um alle Besorgniß für die Zukunft zu heben, Karthago's
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
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191
„Einst wird kommen der Tag, wo das heilige Jlium hinsinkt,
Priamus selbst und das Volk des lanzenkundigen Königs -)!"
Nach der mörderischen Vertheidigung waren von den 700,000
Einwohnern kaum noch 50,000 übrig, die als Sklaven verkauft
wurden. Die Überreste der Stadt wurden dem Erdboden gleich
gemacht, und der Wiederaufbau unter Strafe des göttlichen Flu-
ches verfehmt. Das karthagische Gebiet, so weit es nicht
zu Numidien gehörte, ward römische Provinz unter dem Namen
Afrika, mit der Hauptstadt Utika (146); das Lehenreich Nu-
midien endlich drei Söhnen des Masinissa übergeben und mittelst
der Zersplitterung einstweilen unschädlich gemacht.
So sank Karthago, die Handelskönigin der Welt, in Schutt
und Asche. Auf der Stätte, wo sie siebenhundert Jahre lang im
regsten Kunsteifer stand und blühete, hauseten seitdem bis zu den
neuesten Zeiten hinauf wilde Thiere und barbarische Völker; und
das Meer, das einst ihre segensreiche Handelsflotte trug, war seit-
dem eben so lange mit den Raubschiffen barbarischer Völker bedeckt.
§. 46. Die letzten Kriege mit Macedonien und Griechenland.
148-146.
Die Freiheit, welche die Römer damals den Macedoniern
gelassen hatten, war nur Blendwerk. Durch die Zerstückelung
des Landes in vier von einander unabhängige Bezirke waren sie
gegen äußere Feinde schwach; die römischen Gesandten führten
die eigentliche Regierung, das Land verarmte unter dem Drucke
der Abgaben, und allgemein war der Unwille über die neue
Ordnung der Dinge. Diese herrschende Mißstimmung im Lande
benutzte ein Abenteuerer, Namens Andriscus, der sich für
Philippus, den Bruder und Adoptivsohn des Perseus ausgab,
(daher gewöhnlich Pseudo-Philippus genannt), um die macedo--
nische Monarchie wieder herzustellen. Er fand einen großen An-
hang nicht nur in Macedonien selbst, sondern auch in einigen
Nachbarstaaten. Mit Hülfe einer Schar tapferer Thracier un-
terwarf er sich in kurzer Zeit ganz Macedonien, schlug einen
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Ii. Iv. 164 165
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Namens_Andriscus
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Karthago Griechenland Macedonien Macedonien